Swiss FACE
CO2-Anstieg unter echten Freilandbedingungen untersucht
Die Forschungsgruppe von Prof. Dr. J. Nösberger untersuchte in Zusammenarbeit mit Forschungsgruppen aus der Schweiz, Europa und Übersee die Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre und der Nutzungsintensivierung auf Grasland. Dabei wurden überraschende Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre, Pflanzen und Boden entdeckt, die in Gewächshaus- oder Klimakammerversuchen nicht aufgetreten wären.
Die für Waldökosysteme entwickelte Technik der Freiland-CO2-Begasung (FACE, Free Air CO2 Enrichment) wurde vom Brookhaven National Laboratory, Lupton, USA, an der Versuchsstation des Institutes für Pflanzenwissenschaften in Eschikon an Graslandökosysteme angepasst und weiterentwickelt. Auf sechs 200 m2 grossen Flächen konnten damit die Auswirkungen von CO2-Konzentrationen, wie sie in 50 bis 75 Jahren in der Atmosphäre erwartet wurden, untersucht werden.
Die Versuche enthielten eine ausserordentliche Breite von Aspekten. Es wurden hoch produktive Zuchtsorten der beiden futterbaulich wichtigsten Arten des gemässigten Klimas, der Weissklee (Trifolium repens) und das Englische Raigras (Lolium perenne), untersucht, aber auch eine breite Palette von Arten und Ökotypen aus Naturwiesen. Zusätzlich wurde neben der CO2-Konzentration auch die Nutzungsintensität (Stickstoffdüngung und Schnitthäufigkeit) stark variiert. Dies ermöglichte es einerseits die Effektgrösse des CO2-Anstieges mit derjenigen einer Nutzungsintensivierung zu vergleichen. Andererseits erlaubte die unterschiedliche Stickstoffverfügbarkeit die wichtigsten Prozesse der CO2-Reaktion des Ökosystems zu erkennen und besser zu verstehen.
Grosse Unterschiede zwischen Pflanzenarten
In Gewächshausversuchen führte erhöhtes CO2 immer zu einer Steigerung der Photosynthese und dadurch zu einer deutlichen Ertragssteigerung. Überraschenderweise führte die CO2-Erhöhung im FACE bei den Gräsern unter tiefer Stickstoffdüngung zu einer Reduktion des Ertrages, obwohl die Photosynthese erhöht war. Im Gegensatz dazu konnten Kleearten stark profitieren. Sie erzielten mehr Ertrag und waren in Mischbeständen deutlich konkurrenzkräftiger.
Markierungsexperimente mit Kohlenstoff-Isotopen (13C, 14C) konnten zeigen, dass die erhöhte Photosynthese bei den Gräsern nicht ertragswirksam war, weil die Assimilate in die Wurzeln investiert wurden. Mit dem stabilen 15N-Isotop konnte nachgewiesen werden, dass die Kleearten unter erhöhtem CO2 die symbiotische Fixierung von Luftstickstoff stark erhöhten. Dies war der Schlüssel zu ihrem Erfolg unter erhöhtem CO2.
Rückkoppelungen aus dem Boden
Obwohl die CO2-Konzentration im Boden viel höher ist als in der Atmosphäre und auch nicht durch die Atmosphäre direkt beeinflusst wird, hat die CO2-Begasung der Atmosphäre zu grossen Veränderungen im Boden geführt. Diese wurden offensichtlich durch die begasten Pflanzen ausgelöst. So waren unter erhöhtem atmosphärischem CO2 die Denitrifikation erhöht, die Struktur der Bodenmikroorganismen verändert und weniger Stickstoff war pflanzenverfügbar, was wiederum Rückwirkungen auf die Pflanzen hatte und die unterschiedliche Reaktion von Klee und Gräsern erklären konnte.
Die Zusammenarbeit von anerkannten Fachleuten unterschiedlicher Disziplinen hat zu über 100 Publikationen in internationalen Fachzeitschriften geführt. Die Resultate zeigen die grosse Bedeutung von Rückkoppelungseffekten zwischen Atmosphäre, Pflanze und Boden, die nur in Versuchen unter realistischen Freilandbedingungen untersucht werden können.