Alp Weissenstein
Von der Pferdewechselstation zur hochmodernen Forschungsplattform
Statt Postkutschen gehen heute Forschende der ETH Zürich in der Alp Weissenstein am Fusse des Albulapasses ein und aus. Studien zu botanischer Vielfalt, nachhaltigen Nutztiersystemen, Kohlenstoffsenken und Treibhausgasemissionen prägen heute das Geschehen auf der Alp. Das war vor 45 Jahren beim Erwerb der Alp durch die ETH noch anders.
Die Alp wird 1645 erstmals erwähnt und war dann bis zur Eröffnung des Albulatunnels im Jahr 1903 eine wichtige Pferdewechselstation und ein Gasthaus. 1942 begann der spätere Besitzer Christian Caflisch mit Pflügen im Rahmen der Steigerung der Selbstversorgung (Anbauschlacht). 1967 wurde die Alp schliesslich von der ETH erworben.
Der Start der Forschung nach dem Kauf durch die ETH hatte es in sich: Um die Produktivität der Alpflächen zu steigern, kam die Idee auf, diese künstlich zu düngen. Wegen der schwierigen Topografie sollte das per Kleinflugzeug passieren – ein Ansatz, der heute undenkbar wäre, der aber dem in der damaligen Zeit starken Selbstversorgungs- und Fortschrittsdenken geschuldet war. Da passte der Neubau der Starkstromleitung überhaupt nicht ins Konzept. Sie wurde daher nicht dem Hang entlang gebaut, sondern in der Talmitte und somit direkt über dem Wohngebäude der Alp. Eine Verlegung wäre heute sehr teuer, so dass es im Endeffekt günstiger war, das Alpgebäude mit Kupfer abzuschirmen.
Passen Hochleistungskühe auf die Alp?
Zu dieser Frage schrieb der Nebelspalter satirisch im Jahr 1982: «Auf dem eidgenössischen Braunviehsektor tut sich was. So soll es nach glaubwürdigen Informationen aus Bundesställen gelungen sein, eine neue Schweizer Rindersorte zu züchten, welche sich durch hohe Widerstandskraft, seelische Genügsamkeit und enorme Wetterbeständigkeit auszeichne. Kürzlich erfolgte Hochgebirgstests scheinen erstaunlich erfolgreich verlaufen zu sein.» Ja, die damalige Hochleistungskuh wurde wirklich nicht krank auf der Alp. Und: Braunviehkühe sind tatsächlich besonders höhentauglich, wie Prof. Bianca zudem in Unterdruckkammern festgestellt hat. Das Ziel war damals der Export von Braunvieh in die Hochanden. Dort steht zwar nun viel Braunvieh, aber die USA als «Samenlieferant» liegen eben doch deutlich näher als die Schweiz.
Spezielle Herausforderungen
Studierende auf der Alpexkursion hatten nach der Anreise üblicherweise eine kurze Nacht und unterschätzen die Anstrengungen am Folgetag. Schilder auf den Wanderwegen quer durch das Alpgelände mit der Aufschrift «Mutterkühe schützen ihre Kälber» halten Wanderer*innen mit Hunden nicht ab, und verhindern ebenso wenig schlimme Beschimpfungen und gar Drohungen. Die einzige Lösung war es schliesslich, den Wanderweg zu verlegen. Last but not least könnten Grossraubtiere die wertvollen Versuchstiere bedrohen. Argwöhnisch wird daher von den Forschenden verfolgt, wie weit Bär und Wolf weg sind. Und häufigere Sommerhitze in den Bergen macht auch den Tieren zu schaffen, so dass sie zur Kühlung Wind exponierte Stellen aufsuchen.