Agroscope

Die Kontrollstation gegen Betrügereien beim Saatgut

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  • Forschung

Der Forschungsstandort in Zürich Reckenholz von Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für landwirtschaftliche Forschung, hat seinen Ursprung am Eidgenössischen Polytechnikum (später ETH). Initiator war der damalige Privatdozent Friedrich Gottlieb Stebler, welcher die erste Schweizerische landwirtschaftliche Samenkontrollstation gründete, um die Täuschungen beim Handel mit landwirtschaftlichen Hilfsstoffen zu bekämpfen.

Bereits im Januar 1875 hatte der Schweizer Futterbauwissenschaftler und Ethnograph Friedrich Gottlieb Stebler in Bern eine private Samenkontrollstation nach dem Muster der deutschen Stationen errichtet, um Missbräuche beim Handel von Samen, Futtermitteln und Düngern aufzudecken. So beschreibt der an der Universität Leipzig ausgebildete Stebler 1876 die Raffiniertheit der Verfälschungsarten, zum Beispiel die Beigabe von gefärbten Quarzsteinchen anstelle von Samen:

«Von diesem sind zwei Sortimente bekannt geworden: die eine Sorte in Naturfarbe, jenem eigentümlichen Grau, mit bestimmten Schein ins Violette, wie es manche Rotkleesaamen haben, diese wurden als Rotkleeverfälschungsmittel verkauft. Damit dieselben auch in der Grösse mit dem Klee übereinstimmen, wurden sie vorher sorgfältig gesiebt. Die andere, kleinere Sorte wurde so kunstgerecht schwefelgelb gefärbt, wie der schönste Weissklee, dass auch dem erfahrenen Saamenkenner bei unbefangener Prüfung nicht leicht der Verdacht entstehen konnte, dass hier eitel Stein und Kies beigemischt sei.» (Lehmann, 2003, S.22)

Ehemaliges Versuchsfeld beim Polytechnikum Zürich (spätere ETH).
(Foto: Agroscope)

Ein Institut von Weltruf

Mit dem Bundesbeschluss vom 17. März 1877 ging Steblers Wunsch in Erfüllung. An der Land- und Forstwirtschaftlichen Abteilung des Polytechnikums wurde eine Samenkontrollstation und eine landwirtschaftlich-chemische Untersuchungsstation gegründet.

Insbesondere die Samenkontrollstation, welche Stebler 42 Jahre lang geschickt und erfolgreich leitete, entwickelte sich zu einem Institut von Weltruf. Durch seine grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet des Futterbaus fand Stebler Anerkennung und Wertschätzung weit über die Grenzen der Schweiz hinaus.

Aus der Samenkontrolle wird die heutige Saatgutprüfung für Acker- und Futterbau

Bis 1898 unterstanden die Samenkontroll- und die landwirtschaftlich-chemische Untersuchungsstation dem Schweiz. Hochschulrat. Danach wurden sie als selbständige Stationen geführt und dem Eidg. Landwirtschaftsdepartement unterstellt. Nach 36 Jahren am Standort des Polytechnikums in Zürich erhielten sie einen eigenen Standort in Oerlikon und später in Reckenholz.

Heute werden im Saatgutprüflabor von Agroscope am Standort Reckenholz jährlich mehr als 6000 Saatgutproben von über 200 verschiedenen Pflanzenarten auf ihre Qualität untersucht. Diese Untersuchungen tragen auch heute noch wesentlich dazu bei, dass nur qualitativ einwandfreies Saatgut gehandelt und verkauft wird.

Labor der agrikulturchemischen Kontrollstation im Chemiegebäude des Eidgenössischen Polytechnikums.
(Foto: Agroscope)