Neue Krise, neuer Zuwachs?

Die Entwicklung der Studierendenzahlen in eineinhalb Jahrhunderten

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Krisen beeinflussen das Interesse an der Landwirtschaft. Dies zeigte die Entwicklung der Studierendenzahlen während des Ersten und des Zweiten Weltkriegs relativ deutlich. Während der letzten 150 Jahre nahm der Anteil internationaler Studierender ab, dafür nahmen Frauen immer mehr Raum ein.

1871 nahmen fünf Studierende das Studium der Landwirtschaftswissenschaften auf, darunter zwei «Ausländer» und keine Frau. Während der ersten 15 Jahre blieben die Zahlen der Neueintretenden auf ähnlichem Niveau von fünf bis acht Studenten pro Jahrgang. Erst ab den 1890er Jahren stiegen die Jahrgangsgrössen auf bis zu 15 an und nahmen kontinuierlich zu.

Internationaler Start und später Frauenpower

Bereits 1873 schrieb sich die erste Frau für das Studium der Landwirtschaft ein, somit bereits zwei Jahre nach Gründung des Studiengangs. Bis 1933 immatrikulierten sich allerdings lediglich vier weitere Frauen. Erst in den 70er Jahren stieg die Rate der eingeschriebenen Frauen langsam, aber stetig an. Seit Ende der 1990er Jahre liegt sie bei fast 50 %.

Ein anderer Trend ist bei Studierenden aus dem Ausland sichtbar. In den ersten Jahren nach der Gründung entschieden sich jedes Jahr durchschnittlich sechs ausländische Studierende für ein Agrarstudium in Zürich. Das heisst, in jedem Jahrgang studierten mehr Ausländer als Schweizer. Bis zu Beginn der 1970er Jahre blieb die Anzahl Studierender aus dem Ausland unter 20, während die Anzahl Schweizer Studierender stetig anstieg. Im Jahr 2020 machten die ausländischen Studierenden und Doktorand*innen mit 70 Personen rund 17 % aus.

Bis in die 1970er Jahre blieb die Zahl ausländischer Studierender unter 20, während immer mehr Schweizer*innen an die ETH kamen. 1954 ist das einzige Jahr seit Beginn ohne Eintritte von ausländischen Studierenden.
(Grafik: ETH / Noëmi Elmiger)
Ab den 1960er Jahren entscheiden sich immer mehr Frauen für das Studium der Agrarwissenschaften. 2014 haben die Frauen die Männer erstmals überholt. Seither sind sie konstant in der Überzahl.
(Grafik: ETH / Noëmi Elmiger)

In Krisenzeiten ist die Landwirtschaft im Trend

Ein starker Anstieg der Studierendenzahlen wurde während der beiden Weltkriege verzeichnet, jeweils gefolgt von einem Absinken der Neueinschreibungen am Ende der unruhigen Zeiten auf rund 20 Studierende. Max Düggeli (Professor für landwirtschaftliche Bakteriologie, 1925) erklärt dieses Phänomen mit den Schwierigkeiten der Nahrungsmittelbeschaffung während der Kriegsjahre. Er schrieb dazu: «Durch diese Schwierigkeiten […] wurde weiten Bevölkerungskreisen die grosse Bedeutung einer leistungsfähigen Landwirtschaft für das gesamte Volkswohl eindringlich demonstriert, so dass mancher junge Mann, der sich sonst kaum für das Studium entschieden hätte, sich bewogen fühlte, in unsere Abteilung einzutreten.»

Die Zunahme an Immatrikulationen während der zwei Weltkriege ist klar ersichtlich.
(Grafik: IAS / ETH Zürich)

Lebensmittelwissenschaften konstant wachsend, Agrarwissenschaften stark schwankend

Um 1980 herum wurde mit jährlichen Neueinschreibungen von 160 bis 180 Studierenden ein Allzeithoch erreicht. Die Studienanfänger*innen verteilten sich auf die beiden Studienrichtungen der Agrar- und Lebensmittelwissenschaften, die 1970 eingerichtet wurden.

Während die Zahl der Lebensmittelwissenschafts-Studierenden seitdem nahezu kontinuierlich von anfangs rund 30 auf heute rund 70 Studierende anstieg, erlebten die Einschreibungszahlen der Agrarwissenschaften seit dem Ende der 1980er Jahre bis Beginn des 21. Jahrhunderts wiederum einen deutlichen Einbruch von einem Höchststand von 150 Studierenden auf nur noch rund 30 Studierende.

Seit den 2010er Jahren liegt die Zahl der Neueinschreibungen in den BSc-Studiengang auf einem Niveau von 70 Studierenden. Ob die Klimakrise in Zukunft dazu führen wird, dass sich noch mehr Studierende immatrikulieren werden, wird sich zeigen.